Selbstverständnis des Stadtjugendring Lüneburg e.V.
Präambel
Kinder und Jugendliche, mit den je speziellen Bedürfnissen ihrer Lebensphase und Lebenswelt, scheinen nach wie vor in dieser Gesellschaft randständig, unabhängig von ihrem Organisationsgrad (über Vereine, Verbände oder dergleichen).
Auch wenn in letzter Zeit in der Öffentlichkeit mehr und mehr über Kinderrechte diskutiert wird, sogar ausgewählte Kinderrechte in die Landesverfassungen, beispielsweise des Landes Niedersachsen, aufgenommen wurden, sollten wir uns nicht darüber hinwegtäuschen lassen, dass
- Kinder und Jugendliche keine wirksame Lobby haben,
- sie vom aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen sind,
- ihre Partizipation nur dort akzeptiert wird, wo sie die Erwachsenenwelt nicht stört,
- ihre Rechte so lange keine Rolle spielen, wie sie nicht eingeklagt werden – das tut in der Regel kein Kind!
Die Jugendringe auf kommunaler, auf Landes- und Bundesebene sollen die Gewähr dafür tragen, dass Kinder und Jugendliche in ausreichendem Maße politisch und strukturell in ihren Rechten wahrgenommen und vertreten werden. In politischen und Verwaltungsstrukturen (Jugendhilfeausschüssen) haben sie daher Mitbestimmungsrechte und Mandate.
Stadtjugendring Lüneburg
…als politische Vertretung der Interessen von Kindern und Jugendlichen
Der Stadtjugendring Lüneburg (SJR) hat rund 50 Mitgliedsorganisationen. Dies sind in aller Regel Vereine und Verbände, die mindestens im Jugendbereich agieren, wenn nicht sogar vollständige Jugendverbände sind. Der SJR ist als eingetragener Verein organisiert und besitzt 2 stimmberechtigte Sitze im Jugendhilfeausschuss der Hansestadt Lüneburg.
In diesem Verwaltungsgremium können für Kinder und Jugendliche weitreichende Entscheidungen beeinflusst werden. Insofern ist der Stadtjugendring direkt an der Gestaltung von strukturellen Gegebenheiten für Kinder und Jugendliche beteiligt.
Dazu zählt auch die materielle Ausstattung von Vereinen und Verbänden, die im Jugendbereich und der Jugendpflege tätig sind.
Leider muss konstatiert werden, dass die meisten Förderungen und Zuwendungen im Jugendbereich unter Finanzierungsvorbehalten stehen. Das heißt, dass sie von der Politik und der Verwaltung als sogenannte “Freiwillige Leistungen” disqualifiziert werden.
Dies entspricht zwar nicht der Intention des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG), beziehungsweise der Neufassung im 8. Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Aber so lange kein Jugendlicher dagegen klagt, sind die finanziellen Mittel in diesem Bereich für die Politik Verschiebemasse, die eben auch anderen Haushaltstiteln geopfert werden können.
Vor diesem Hintergrund sehen wir den Stadtjugendring vorrangig als Sprachrohr für die Interessen von Kindern und Jugendlichen, sowie den Vereinen und Verbänden, in denen sie teilweise organisiert sind.
Dabei steht es im Vordergrund die Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen in den Blickpunkt zu nehmen und für ihre Bedürfnisse zu werben – dies konsequent auf allen gesellschaftlichen und politischen Ebenen. Ein Ausverkauf der Kinder- und Jugendförderung darf es mit uns nicht geben, zumal alle politischen Parteien ihre Sonntagsreden mit dem Slogan “Jugend ist unsere Zukunft” schmücken.
Die Konsequenz aus einer weiteren Verschlechterung der Lage von Vereinen und Verbänden hätte ganz direkte Auswirkungen auf die Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen.
…als Serviceagentur für Mitgliedsvereine/-verbände
Natürlich hält der Stadtjugendring auch Infrastruktur für die Kinder und Jugendlichen vor. Dies ist zum einen ein Materialpool (z.B. Zelte, Kochgeschirr und Partyzeltgarnituren usw.). Weiterhin wäre es sinnvoll die Kompetenzen der Mitglieder in einem Kompetenzpool zusammenzutragen, sie sichtbar und für alle nutzbar zu machen. Als dritten Bereich sehen wir die Notwendigkeit eines Förderpools, bei dem der Vorstand in Absprache oder Kooperation mit den Mitgliedern Fördermöglichkeiten und -töpfe recherchiert und sie der Gesamtheit der Mitglieder nutzbar macht. Dies kann durch einzelne Mitglieder passieren, die Informationen zu Fördermöglichkeiten oder Fördertöpfe bekommen und sie allen anderen zur Kenntnis geben. Dies kann im Einzelfall aber auch durch eine Veranstaltung geschehen, in der auf breiter Ebene informiert wird.
Nicht zuletzt soll der Stadtjugendring aber auch als Ansprechpartner wirken, um sich im Gewirr der politischen und Verwaltungsstrukturen Rat zu holen. Dies ist neben der Interessenvertretung ein wichtiger Bereich, da damit die Selbstorganisation der Mitgliedsvereine und -verbände gestützt und gestärkt wird.
…als VeranstalterIn und Eventagentur
in der Vergangenheit ist der Stadtjugendring Lüneburg allerdings vor allem dadurch in Erscheinung getreten, Events, wie BonaVita und ähnliche Aktivitäten zu organisieren.
Dagegen ist nichts zu sagen, sollte aber nicht der Schwerpunkt des Wirkens sein. Denn wir sehen den Stadtjugendring nicht als Selbstzweck an, der im Grunde genommen wie seine Mitgliedsvereine vorrangig Aktivitäten für Kinder und Jugendliche entfaltet, sondern eher die Mitglieder strukturell in der Umsetzung ihrer Aktivitäten unterstützt oder diese Aktivitäten auf breitere Schultern verteilt, als Netzwerkaktivität durchführt.
Insofern sehen wir es als dringend geboten an, dass in der Arbeit des SJR Lüneburg e.V. ein Paradigmenwechsel stattfindet, der den –wie wir ihn sehen– originären Bereich der Lobbyarbeit für die Interessen und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen dieser Stadt, innerhalb und außerhalb von Vereinen und Verbänden leistet.
Dies war in der ferneren Vergangenheit des Stadtjugendringes schon einmal so. Es wurde entscheidende Impulse für Vorhaben in Lüneburg geleistet. Ein markantes Beispiel war die Verhinderung der Unterkellerung des Marktplatzes für die Einrichtung einer Tiefgarage des Warenhauses Karstadt. Nur das konzertierte Zusammenwirken und die Bündelung der Kräfte aller Mitglieder versetzt uns in die Lage eine Lobby für Kinder und Jugendliche in dieser Stadt zu sein.
Fazit
Der Stadtjugendring e.V. gibt sich also in Zeiten des Wandels von Kinder – und Jugendarbeit ein neues Gesicht. Wir betrachten es von nun an als unsere vornehmliche Aufgabe, unsere Tätigkeiten auf die politische Vertretung der Vereine und Verbände zu konzentrieren. Wir reagieren auf Tendenzen der Kommunal – und Landespolitik, Jugendverbänden die Mittel zu streichen; es ist unsere Aufgabe dazu deutlich Stellung zu beziehen und Druck auszuüben.
Geprägt wird das neue Selbstbild aber auch durch die anstehenden Aufgaben, die zunehmend in den Blick genommen werden: Integration von EinwanderInnen, Integration vielfältiger Weltbilder, Integration verschiedener Lebenswelten, Integration sich verändernder Tagesstrukturen. Der Stadtjugendring schafft sich mit diesem Selbstbild einen Leitfaden, um bei sich verändernden Rahmenbedingungen in der Kinder- und Jugendarbeit an den Stellen handlungsfähig zu sein, wo dies das Wirken der Mitgliedsverbände ergänzt und unterstützt. Gleichzeitig soll die Entfaltung der Aktivitäten und Tätigkeiten auf breitere Schultern verteilt werden. Denn: Der Vorstand des Stadtjugendrings ist nicht der Stadtjugendring, sondern nur alle Mitgliedsvereine, -verbände und Organisationen zusammen.
Insofern wünschen wir uns für die Zukunft ein noch stärkeres Miteinander der Mitglieder, ein noch besseres Füreinander dasein als Netzwerk verschiedener Kompetenzen, Möglichkeiten und Chancen. Und nicht zuletzt eine starke Interessenvertretung für Kinder- und Jugendliche aber auch für Vereine, Verbände und Organisationen, in denen Jugendliche wirken, leben und aktiv sind.